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Befunderhebungsfehler bei bekannter Cholesteatom Erkrankung

Befunderhebungsfehler bei bekannter Cholesteatom Erkrankung

Prozesserfolg vor dem Landgericht Bielefeld – Arzthaftung / Behandlungsfehler: Befunderhebungsfehler bei bekannter Cholesteatom Erkrankung

Bei unserer Mandantin war es in der Vergangenheit zu wiederholten Cholesteatom-Erkrankungen (chronisch-eitrigen Entzündungen des Mittelohrs mit Knochendestruktion) gekommen, aufgrund derer diese bereits operativ versorgt worden war. Nach einem Umzug der Mandantin im September des Jahres 2010 befand sich diese bis zum Ende des Jahres 2013 in ärztlicher Behandlung des gegnerischen HNO-Arztes. Trotz wiederkehrender Entzündungsprozesse im Ohr mit einhergehenden Schmerzen kam es durch diesen lediglich zu der Verschreibung/Anwendung von Antibiotika (Salben/Tabletten), ohne dass weitergehende Untersuchungen durchgeführt/veranlasst wurden. Zu Beginn des Jahres 2014 wurde auf Drängen der Mutter unserer Mandantin sodann eine Überweisung an die Medizinische Hochschule Hannover vorgenommen, wo im Rahmen von weiteren Untersuchungen (Computertomografie/ DVT-Untersuchung) ein erneuter Befall mit einem Cholesteatom festgestellt wurde. Es war aufgrund dessen ein weiterer Eingriff von Nöten.

Der im Gerichtsverfahren eingeschaltete Sachverständige (Hals-Nasen-Ohren-Arzt) konstatierte, dass aufgrund der vorangegangenen Cholesteatom-Erkrankungen bekannt sei, dass das Risiko einer Wiedererkrankung erhöht wäre. Bei rezidivierenden Beschwerden – wie hier – wäre es folglich spätestens nach 12 Monaten erforderlich gewesen, weitere Befunde zu erheben. Im Rahmen der weiteren Befunderhebung wäre sodann ersehen worden, dass unsere Mandantin erneut an einem Cholesteatom erkrankt war. Allerdings wurde bestätigt, dass die Operation, wie sie sodann im Hause des Folgebehandlers durchgeführt wurde, aller Voraussicht nach im gleichen Maße erforderlich gewesen wäre. Für das Durchleiden eines mehrmonatigen Leidenwegs unter wiederkehrenden Ohrenentzündungen wurde durch das erkennende Gericht ein Vergleich in Höhe von 10.000,00 € für angemessen und erforderlich beschrieben, welchem die Parteien sodann näher traten.

Anmerkungen von RA Gilsbach:
Bereits vorgerichtlich war gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung das Vorliegen von wiederholten Befunderhebungsfehlern aufgezeigt worden, woraufhin diese jedoch jedwede Haftung von sich wies, dies mit der Begründung, dass weder eine fehlerhafte Behandlung, noch eine kausale Schädigung vorliegen würde. Übersehen wurde insoweit jedoch, dass aufgrund des Vorliegens eines Befunderhebungsfehlers im Sinne von § 630 h Abs. 5 Satz 2 BGB eine Beweislastumkehr dahingehend anzunehmen war, dass zu vermuten ist, dass der eingetretene Schaden Folge der unterbliebenen Befunderhebung ist. Es stellt jedoch bedauerlicherweise ein wiederkehrendes Verhalten dar, dass Haftpflichtversicherer außergerichtlich pauschal jegliche Haftung bereits dem Grunde nach von sich weisen und folglich die Durchsetzung der Ansprüche im gerichtlichen Verfahren erforderlich wird. Dabei wird durch die Versicherungen der Ärzte darauf vertraut, dass geschädigte Patienten die Kosten bzw. die lange Dauer eines Gerichtsverfahrens scheuen. Wie dieser Fall jedoch abermals zeigte, sollte ein solches Verhalten der Haftpflichtversicherer nicht dazu führen, von der Durchsetzung bestehender Ansprüche Abstand zu nehmen!